Bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte der schwedische Forscher Svante Arrhenius den Effekt, dass CO2-Moleküle im Unterschied zu den Hauptbestandteilen der Atmosphäre Stickstoff, Sauerstoff und Argon Infrarotstahlung absorbieren. Und dass dadurch die Abstrahlung der vom Erdboden aufgenommenen Wärme ins Weltall vermindert wird.
Zweifeln ist legitim. Und damit auch die Meinung zu äußern, dieses Thema müsse noch weiter erforscht werden. Man kann jedoch nicht mit den notwendigen Gegenmaßnahmen warten, bis die allerletzten Bedenken ausgeräumt sind und uns buchstäblich das Wasser bis zum Hals steht. Es gibt ehrlich Zweifelnde und Ungläubige unter den Klimawandel-in-Frage-Stellern und -Leugnern. es gibt aber auch viele Interessenvertreter der Kohle-, Öl- und Atomlobby. Mag man auch den Verfechtern der Erneuerbaren eigene Gewinninteressen vorhalten, so gibt es diese bei den Befürwortern der fossilen Energien nicht minder.
Es wäre fahrlässig, diese Leute, die bereits die Lufthoheit über viele Stammtische erobert haben, einfach ignorieren zu wollen. Denn unsere Demokratie basiert nun einmal darauf, dass jeder Bürger unabhängig von seinem sozialen Status und seiner Qualifikation wählen darf und auch selbst gewählt werden kann. Es bedarf daher geduldiger Überzeugungsarbeit, um die zur Umsetzung des Klimaschutzes notwendigen Mehrheiten zu gewinnen.
Zunächst einmal zu einigen Gegenargumenten:
“Das Klima aller Klimazonen der Erde war niemals konstant. Klimaänderungen sind die Regel.”
Grundsatzpapier Energie
Update vom 4. Mai 2011
– Stimmt zunächst. Das eigentliche Problem sind jedoch nicht die kurz- und mittelfristigen Klimaschwankungen, sondern die zu erwartenden langfristigen Veränderungen. Denn wenn sich das CO2 erst einmal in der Atmosphäre befindet, bekommt man es nicht so schnell wieder gebunden, zumal sich mit den weltweit vorhandenen Wäldern die Menge der effektivsten CO2-Senken vermindert, sei es durch Abholzen, Brandrodung oder sonstige Waldbrände. Sollte man abwarten, dass sich die letzten Zweifel bezüglich der Wirksamkeit dieses Gases zerstreuen, so würde wertvolle Zeit vertan. Zudem gibt es gute Argumente, sowohl mit fossilen Brennstoffen wie auch mit den sonstigen Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen.
“Die stetige Zunahme an Schnee und Eis in der Antarktis zeigt auch die Neukonstruktion der deutschen Antarktis-Forschungsstation Neumeyer III.” (s. o.)
– Dies liegt nicht nur an den Temperaturen (zumal diese in der Antarktis und auch auf Grönland ohnehin meistens im Minusbereich liegen), sondern vor allem auch an der Menge der dort fallenden Niederschläge.
“CO2 – Schadstoff oder Lebenselixier?” (s. o.)
– Natürlich brauchen Pflanzen für ihr Wachstum auch CO2. Doch das ist längst nicht die einzige Voraussetzung. So wurden mal in einem alten Lehrbuch die einzelnen Wachstumsfaktoren (CO2, Wasser, Wärme, Licht und die verschiedenen Nährstoffe) mit einem Fass mit unterschiedlich hohen Dauben verglichen. Die niedrigste Daube bestimmt das Fassungsvermögen. Die Höhe der anderen ist dabei unerheblich. So war es auch im Sommer 2018, der vielen Bauern katastrophale Missernten bescherte. Doch dies lag keineswegs an einem Mangel an CO2, sondern vielmehr an der langen Dürreperiode.
Ein weiteres Problem im Umgang damit sind auch manche untaugliche und sogar grotesk anmutende Lösungskonzepte
Wie das CCS.Verfahren (Carbone Capture and Separation). Die in unterirdischen Lagerstätten zu verbringenden CO2-Mengen entsprächen der 3,4-fachen Menge des für die Energiegewinnung eingesetzten Kohlenstoffs. Oder der etwa 4-fachen Menge aufgrund der zusätzlich benötigten Prozessenergie, wenn man sich auf den Materialeinsatz zur Gewinnung der Netto-Energie bezieht. Diese Lagerstätten müssten höchsten Sicherheitsanforderungen genügen. Denn bei einem allmählichen Entweichen des Klimagases wäre der ganze Aufwand für die Katz. Ein schnelles Austreten hätte für die dort lebenden Menschen katastrophale Folgen. Zudem könnte des CO2 nur in Pipelines in einigermaßen wirtschaftlicher Weise von den Kraftwerken zu den unterirdischen Deponien transportiert werden. Tanklastwagen müssten im Minutentakt rollen. Ein ökonomischer Wahnsinn!
Noch absurder ist die Vorstellung, man könne das bereits in der Atmosphäre enthaltene CO2 mit technischen Mitteln abscheiden und endlagern. Oder sollte man es nicht besser in synthetischen Kraftstoff umwandeln und dafür das Öl in der Erde lassen? Doch auch das erfordert einen hohen technischen Aufwand und eine Unmenge Energie. Es gibt auch die Idee, Holz oder andere Biomasse unterirdisch einzulagern. Sollte aber diese nicht besser gleich an Ort und Stelle verbleiben? Die Natur setzte so bereits über Jahrmillionen eine erfolgreiche Kohlenstoffabscheidung um. Der Mensch sollte dies durch geeignete Maßnahmen unterstützen, anstatt sich anzumaßen, mit seiner Technik besser sein zu wollen.
Um eine mühevolle geistige und administrative Kleinarbeit anstelle des großen Wurfes kommen wir also nicht herum. Zunächst müssen also die noch vorhandenen fossilen Rohstoffe in der Erde belassen und durch Erneuerbare ersetzt werden. Muss dies aber tatsächlich im Verhältnis eins zu eins geschehen? Sollten wir nicht – über 40 Jahre nach dem Mahnruf des Club of Rome – endlich die gigantische, ständig weiter wachsende Verschwendung von Energie und sonstigen Rohstoffen beenden und uns einem nachhaltigen Wirtschaften zuwenden? So, wie es auch unsere Vorfahren praktizierten, die mit Kleidung, Möbeln und Gerätschaften sorgsam umgingen und diese reparierten und aufhübschten, wenn nötig? Sicher lag auch damals vieles im Argen, doch die Vernichtung der natürlichen Existenzgrundlagen der Menschheit nahm erst in jüngerer Vergangenheit wirklich bedrohliche Ausmaße an.
Auf dem Weg in die Zukunft werden wir uns nicht nur von so manch liebgewordener Gewohnheit trennen müssen, sondern auch von der Ideologie immerwährenden materiellen Wachstums, die die Wortführer des kapitalistisch-marktwirtschaftlichen Systems wie eine Monstranz vor sich her tragen. Was wir jedoch mitnehmen können, ist unser Wissen. Nicht nur das, was den wissenschaftlich-technischen Bereich betrifft, sondern auch unsere sonstigen Erfahrungen über gut Gelungenes, Fehler und Misserfolge. Der wissenschaftlich-technische Fortschritt kann dabei sehr hilfreich sein, wenn er klug genutzt wird. Man vergleiche nur einmal den Energiebedarf des alten röhrenbestückten Dampfradios mit den Empfängern auf Transistorbasis oder die Glühbirne mit der LED-Beleuchtung.
Der Fehler sitzt im System
Zu den unbestreitbaren Stärken der Marktwirtschaft gehört die weitgehend freie Entfaltung unternehmerischer Tätigkeit und die Regulierung von Angebot und Nachfrage über den Preis. Wie aber bemisst man den Wert von Bodenschätzen und sonstigen Naturreichtümern, Ackerflächen, Siedlungsarealen und Kulturgütern? Der kurzfristig zu erzielende Gewinn kann und darf nicht das alleinige Kriterium sein. Ebenso ist es ein Unding, wenn kostbare Naturgüter zu einem lächerlichen Preis verramscht werden. Und nach deren Ausbeutung öde, vergiftete Wüsten zurückbleiben. Eben dies ist jedoch der Fall, wenn der jeweilige Staat seine Aufgabe als ordnende Instition nicht oder nur in ungenügendem Maße wahrnimmt. Schließlich kann auch die vielgepriesene Marktwirtschaft nur funktionieren, wenn staatliche Institutionen als Schiedsrichter über die Einhaltung klar definierter Regeln wachen.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hatte einige erhebliche Konstruktionsmängel. So blieb die Marktmacht der vier großen Dinosaurier-Konzerne zunächst erhalten. Unsinnige Fehlsteuerungen führten dazu, dass Oma Käthe in Brandenburg die Netzdurchleitungsgebühren für bayerische Skilifte und Schneekanonen mitbezahlen musste. Offshore-Windkraftanlagen in der Ostsee konnten nicht ans Netz gehen, weil der Bau der notwendigen Leitungen durch Kriegsaltlasten behindert wurde. Ständig steigende Enerhiepreise sind der Begeisterung für die Energiewende nicht gerade förderlich.
Eine Rekommunalisierung früher veräußerter Stadtwerke und Netzrückkäufe oder die Gründung neuer Stadtwerke sind elementare Voraussetzungen für eine schnelle Energiewende.
Hermann Scheer, verstorbener SPD-Politiker und Energiewende-Visionar
Was ist also zu tun?
Die Quelle fast aller Energie ist unser Zentralgestirn. Mit Vorbedacht wählte der Autor Franz Alt für eines seiner Bücher den Titel “Die Sonne schickt uns keine Rechnung”. Durchschnittlich steht das Sonnenlicht für 12 Stunden pro Tag zur Verfügung. Sowohl zur Beleuchtung, um sich daran zu erwärmen, das notwendige Vitamin D zu bilden als auch seine Wäsche damit zu trocknen. Auch für das Pflanzenwachstum und damit für die Bildung von Biomasse ist die Sonne unentbehrlich. Jeder Winter erinnert uns daran, weil sie dann etwas weniger scheint. Ebenso haben Wind und Wasserkraft ihren Ursprung darin.
Allerdings lassen sich die Primärenergien Wind und Sonnenschein nicht als solche speichern. Bei Wasserkraftwerken ist es jedoch möglich, je nach Bedarf etwas mehr oder etwas weniger Wasser auf die Turbinen zu leiten. Oder auch in Zeiten reichlichen Energieangebotes wieder etwas hochzupumpen. Ebenso kann und sollte Biomasse gespeichert und hauptsächlich in Zeiten erhöhten Bedarfs genutzt werden. Blockheizkraftwerke erzeugen nicht nur Strom, sondern ermöglichen auch die Nutzung der dabei anfallenden Wärme, die ansonsten über Kühltürme an die Umwelt abgegeben werden müsste. Die Speicherung überschüssiger Energie in Form von Wasserstoff ist zwar nicht besonders effizient, aber dennoch sinnvoll, wenn man die Primärenergie kostenlos ernten kann. Natürlich ist das alles nicht so einfach in die Realität umzusetzen, aber so ganz einfach und bequem ist die Gewinnung fossiler Energieträger eben auch nicht. Weder bei der Kohle, noch bei Öl und Gas. Oder gar beim Uran.
Es gibt Konzepte, in den nordafrikanischen Wüstengebieten große Solarstromanlagen zu errichten und die Energie nach Europa zu leiten. Da jedoch ein erheblicher Teil für bestimmte, rohstoffverarbeitende Industriebranchen benötigt wird, ist es überlegenswert, diese Rohstoffe auch in der Nähe solcher Energiegewinnungsanlagen weiterzuverarbeiten, sofern es in Anbetracht des Verlaufs der Warenströme als sinnvoll erscheint. Desertec mal etwas anders. Eine Umsetzung solcher Pläne bedarf jedoch stabiler sozialer und politischer Verhältnisse in diesen Staaten.
Die unsinnige Ressourcenverschwendung durch unsere Überfluss- und Überdrussgesellschaft hatte ich bereits angeführt. Eine wesentliche Ursache ist in dem krassen Lohngefälle zwischen hauptsächlichen Verbraucher- und Herstellerstaaten begründet. So ist es vordergründig ökonomischer, Rohstoffe zu fördern und zu verarbeiten, als bereits Vorhandenes zu erhalten oder zu erfassen und neu zu verwerten.
Ein wichtiger Energiefresser ist der Verkehr. Als anschauliches Beispiel für die Vermeidung unnötiger Wege seien meine Großeltern angeführt. Mein Großvater arbeitete im gegenüberliegenden RAW (Reichsbahnausbesserungswerk) Potsdam. Unten in dem dreistöckigen Wohnhaus befand sich ein Lebensmittelladen und in der Nähe ein Fleischer und ein Bäcker. Natürlich hatten es selbst zur damaligen Zeit längst nicht alle so günstig. Dennoch kann und muss sich eine Strukturpolitik, die diesen Namen verdient, an einem guten Mix der Bereiche Wohnen, Arbeiten, Bildung, Verwaltung, Versorgung, Freizeit und Erholung orientieren, um so den Menschen unnötige Wege zu ersparen. Insbesondere die täglichen Pendlerströme mit dem Ziel des Broterwerbs gleichen wahren Völkerwanderungen. Dadurch wird hauptsächlich am Morgen und am späten Nachmittag die Verkehrsinfrastruktur erheblich belastet.
Das vielgepriesene E-Mobil kann zwar hier und dort dazu beitragen, die Luftqualität zu verbessern und den Straßenlärm zu mindern – eine Patentlösung, die den mit Verbrennungsmotor betriebenen Straßenverkehr im Verhältnis 1 : 1 ersetzen könnte, ist es indes nicht. Denn dazu müsste der zusätzlich benötigte Strom aus erneuerbaren Quellen stammen, es bedürfte des flächendeckenden Aufbaues einer Ladeinfrastruktur und eines verstärkten Leitungsnetzes. Zwar lassen sich auch Dächer von Carports mit Solarzellen bestücken, doch diese müssten auch auf den Parkplätzen der jeweiligen Arbeitgeber verfügbar sein; insbesondere für Vollzeit-Arbeitskäfte, die zur Winterzeit im Dunkeln zur Arbeit fahren und im Dunkeln zurückkehren. Schließlich sind auch die für leistungsfähige Batterien benötigten Rohstoffe knapp und teuer. Deren Abbau erfolgt zudem unter prekären sozialen und ökologischen Bedingungen.
Ähnliches gilt auch für die aus erneuerbaren Rohstoffen gewonnenen Kraftstoffe. Dadurch wird das Auto zu einem zusätzlichen Kostgänger gemäß dem Prinzip “Tank statt Teller”, so dass sich speziell für die ärmere Bevölkerung ohnehin benachteiligter Staaten die Lebensmittelpreise drastisch erhöhen. Zudem werden großflächlich wertvolle Naturwälder abgeholzt, um dort riesige Palmölplantagen anzulegen.
Echte Alternativen bieten also nur der fußläufige Verkehr, das Fahrrad und die öffentlichen Verkehrsmittel. Deren verstärkte Nutzung könnte die Hauptprobleme der Autofahrer – Stau und Parkplatznot – mindern und käme somit auch denen zugute, die weiterhin auf ihr privates, gewerbliches oder dienstliches Fahrzeug angewiesen sind.
Viel Strom benötigten die von Konrad Zuse und anderen Pionieren entwickelten Rechenmaschinen. Die Erfindung des Transistors brachte auch für die Informatik einen gewaltigen Fortschritt. Eine weitere Revolution war das Aufkommen integrierter Schaltkreise. Jedoch verführten die Fortschritte der Hardware- Und Softwaretechnik auch zur Produktion von Unmengen weniger wichtiger oder gar völlig unnützer Daten. Der Energiebedarf der alten EDV-Anlagen wurde bereits um ein Vielfaches überschritten.
Der eingangs erwähnte Svante Arrhenius freute sich bereits auf eine allmähliche Erwärmung seiner Heimat. Allerdings bedachte er nicht, dass ein Abschmelzen des Festlandeises auch zu einem erheblichen Anstieg des Meeresspiegels führen könnte. Oder zu einem Unterbrechend des Nordatlantikstromes. Der Thriller “The day after tomorrow” verdeutlichte die möglichen Folgen solcher Veränderungen in drastischer Weise. In den 50ern des vorigen Jahrhunderts gab es mal die Überlegung, die Beringstraße zwischen Sibirien und Alaska durch einen gewaltigen Damm abzuriegeln und das warme Wasser des Pazifik mittels Atomkraft in das nördliche Eismeer zu pumpen. Es wurde nichts daraus.
Wir können Ansprüche stellen und stets nach Höherem streben. Doch alles hat seinen Preis. Um zu mehr Lebensqualität zu gelangen oder auch nur das Erreichte dauerhaft zu bewahren, bedarf es großen Fleißes. Und dieser Fleiß beginnt im Kopf.
Herbert Weiß